Unwahrheiten zur Wohlstandsverteilung

Unwahrheiten zur Wohlstandsverteilung

Hans Baumann, erschienen im work, 8.3.2024

Im Abstimmungskampf um die 13. AHV-Rente wurden von den Gegnerinnen und Gegnern viele Unwahrheiten und Halbwahrheiten verbreitet.  Leider auch vom ehemaligen Bundesrat Pascal Couchepin, der es eigentlich besser wissen müsste. Er bestritt in einem Interview, dass die Schere zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren immer mehr aufgegangen ist und es deshalb Korrekturen zugunsten der Menschen mit weniger Einkommen und Rente braucht. Er bezeichnete dies im Tages-Anzeiger als «reine Ideologie». Tatsächlich sei – ­ so Couchepin – der Gini-Index in der Schweiz nicht gestiegen. Der Gini-Index ist ein Mass für die Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung. Er bewegt sich zwischen 0 und 1, je weiter er in Richtung 1 geht, desto ungleicher ist die Verteilung. Couchepin liegt mit seiner Feststellung, der Gini-Index und damit die Ungleichheit habe sich nicht verändert, falsch. Der Gini-Koeffizient hat sich von 2005 bis 2018 bei den Primäreinkommen von 0,41 auf 0,46 erhöht. Die Primäreinkommen sind die Einkommen vor Abzug von Sozialabgaben und Steuern. Aber auch bei den verfügbaren Einkommen, also nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern, hat sich der Koeffizient erhöht, nämlich von 0,27 auf 0,30. Diese Einkommen beinhalten auch alle Renten. 

Schere geht weiter auf. Noch viel deutlicher ist das bei den Vermögen. Dort hat die Schweiz mit einem Gini-Koeffizienten von 0,82 eine der ungleichsten Verteilungen der Welt. Und auch bei den Vermögen ist die Schere in den letzten Jahren nochmals aufgegangen, 2005 hatte der Koeffizient noch 0,78 betragen.

 

Quellen: BfS, Haushaltsbudgeterhebung HABE; Eidg. Steuerverwaltung ESTV; Verteilung des Wohlstands in der Schweiz, Bericht des Bundesrates vom 16.12.2022 

Über eine längere Zeit gemessen, ist diese Entwicklung noch viel krasser: 1980 verfügte das reichste Prozent der Schweizer Bevölkerung über ein Drittel aller Vermögen, die anderen 99 Prozent mussten sich die übrigen zwei Drittel teilen. 2020 besass das reichste Prozent aber bereits 47 Prozent, also fast die Hälfte aller Vermögen, während sich 99 Prozent in die andere Hälfte teilen musste. 

Auch in der Schweiz ist die Schere zwischen Arm und Reich aufgegangen und es konzentriert sich immer mehr Einkommen und Vermögen bei einer kleinen Schicht der Allerreichsten. Das gilt für Erwerbshaushalte wie auch für Rentnerinnen und Rentner. 

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